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Thema: Französisches Kunstkino als Mittel sexueller Aufklärung

  1. #1
    Mitglied Avatar von Örtliche Bücherei
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    Französisches Kunstkino als Mittel sexueller Aufklärung

    Wie soll ich es nun beschreiben?

    Aufklärung, im speziellen meine ich die sexuelle Aufklärung, wo hat diese stattgefunden? Oder besser: Wie hat diese stattgefunden?



    Bei mir war es so, dass zuerst die Eltern schriftlich bestätigen mussten mit „Aufklärung in der Schule“ einverstanden zu sein. Danach hängte der Klassenlehrer eine Handvoll Zeichnungen an die Wandtafel. Die Zeichnungen waren von unglaublich schlichter Art. Ein paar Stunden Geschwafel - und fertig.

    Sicher, das mit den 9 Monaten abwarten bis zur Geburt und die Sache mit den Geschlechtskrankheiten wurde ausgiebig doziert. Hingegen wurde mit keinem Wort erwähnt wieviel Spass das macht!

    So ergab es sich, dass unsereiner im Kino und/oder TV sich, äh, informativere Filme als Anschauungsmaterial umsah.

    Bei mir waren es die Filme eines französischen Filmemachers.



    Wie war das bei euch?

  2. #2
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    Was die Schule angeht, ganz ähnlich. Wobei unsere Biolehrerin schon offener war, aber es beschränkte sich eben doch weitgehend auf die biologischen Vorgänge.

    Ein paar Jahre später bekam ich dann über Zimmerantenne RTLplus rein. Ich sag nur, der Samstagsspätfilm. Mit Truffaut hattest du da wirklich mehr Glück, wobei ich mich als großer Fan seines Werks gar nicht erinnern kann, dass da so viel explizit über Sex gesprochen geschweige denn gezeigt wurde. Antoine Doinel ist doch auch nicht so wirklich bewandert, was Frauen angeht. Er liest doch selbst im Ehebett noch "Die Frau, das unbekannte Wesen" o.s.ä.

    Wo erstaunlich offen über Mann-Frau-Beziehungen und auch z.B. über Abtreibungen gesprochen wird, ist bei Ozu (gerade gibt's in der arte-Mediathek zehn seiner Filme) - und das in den 40er und 50er Jahren! Im deutschen Kino damals unvorstellbar und wohl noch bis Ende der 60er. Da waren die Japaner gesellschaftlich schon kurz nach dem Krieg wesentlich weiter.

  3. #3
    Ex-Exphilosoph Avatar von Jovis
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    Ich glaube, dass die nackte Nastassja Kinski im Tatort "Reifezeugnis" mir sehr früh signalisierte, dass Filme erotische Wirkung auf mich haben können. Und irgendwann, aber viel später, bin ich beim französischen Film gelandet und das hatte was mit Sinnlichkeit zu tun, aber nicht ausdrücklich mit Erotik. Dazwischen ist auf jeden Fall viel gewesen, und ja, die Bravo hatte da viel mit zu tun. Ich befürchte, so gerne ich dir beipflichten möchte und so wichtig französische Filme für mich sind, so hat die Entwicklung meines erotischen Empfindens andernorts stattgefunden.

    Aber ich bin sehr neugierig, von dir Filmtitel zu erfahren.

  4. #4
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    Ach ja, wegen der Filmtitel … ganz ehrlich, das weiss ich nicht mehr. Zu lange her.

    Erinnern an den Namen François Truffaut tue ich eigentlich mehr, weil seine Kinofilme später im Nachtprogramm der 70er Jahre gezeigt wurden. Da gab es extra eine spezielle Serie dazu.

    In Erinnerung geblieben ist mir folgende Szene: Junger Mann beobachtet hübsches Mädchen beim Schmusen/Rumfummeln draussen, in unmittelbarer Nähe vor seinem Schlafzimmerfenster. Jeden Abend. Immer wieder. Jeden Abend!
    Irgend eines Abends stellt er fest, dass es jedes mal ein anderer Mann ist, den das Mädchen da so innigst verwöhnt. Und ja, er erkennt, dass sie sich durchaus bewusst ist, dass er als Spanner Augenzeuge dieses unanständigen Geschehens ist.
    Ich glaube, im Verlaufe des Films wurde auch er zum „Auserwählten des Abends“ erkoren.

    Ein anderer Film zeigte eine Szene im Abteil eines Zuges. Ein junges Pärchen lernt sich da kennen und geht zur Sache. Was allerdings genau da geschah und wie weit die erotische Darstellung reichte entzieht sich meiner Erinnerung. Leider.

    Ich glaube, irgendwann werde ich mir da die Filmreihe Truffaut zulegen müssen. Selbst auf die Gefahr hin total enttäuscht zu werden, weil solche Erinnerungen öfters nicht ganz der tatsächlichen Cinematik entsprechen…

  5. #5
    Ex-Exphilosoph Avatar von Jovis
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    Ja, aber mit Truffaut kannst du schon trotzdem eine aufregende Zeit haben. Warum du allerdings so weit gehst, deine Erfahrung mit diesen Filmen als deine persönliche 'sexuelle Aufklärung' zu bezeichnen, ist bei mir noch nicht so Recht angekommen. Aber das ist auch ein sehr schwieriges Thema, weil weit zurückliegend und solche Dinge passieren ja doch sehr unbewusst und ungesteuert. Meine Erfahrung mit den Emmanuelle-Romanen meiner älteren Schwester zum Beispiel sind dubios, da sie einerseits zeitlich meine erste intensivere Erfahrung mit erotischen Themen und auch mit Sexualität als Thema darstellen (ich muss etwa 10 gewesen sein), andererseits ich zu der dort intensiv und geradezu agitatorisch betriebenen Promiskuitäts-Philosophie keinen Zugang gefunden habe. Ich habe also die Grenze zwischen fiktionaler Erzählung und echtem Leben schon damals vollziehen können.

    Ich kann mich allerdings auch nicht erinnern, irgendwann eine Filmszene gesehen zu haben, die ich als überraschend erotisch befunden habe. Im Sinne von "OMG, was machen die da? Das ist ja toll. Wie aufregend." Da lag offenbar mein Bravo-Lesen zeitlich vorher. Und meine erste richtig erotische Erfahrung hatte ich dann auch nicht mit den Aufklärungsbildern in der Bravo, sondern mit einem Bravo-Poster von Farah Fawcett-Majors, dass ich an die Wand gehängt habe, wo ich es vom Bett aus sehen konnte. DAS war allerdings SEHR aufregend. Dieses Poster, die Frau mit dem obersten Knopf aufgeknöpft, der Ansatz ihrer Brüste mehr erahnbar als sichtbar... das hat mich viele Monate vollkommen in den Bann gezogen. Das hat meine Fantasie deutlich mehr angeregt, als es eine flüchtige, schnell wieder beendete Filmszene in einem französischen Film gekonnt hätte.

    EDIT: Viel später habe ich aber eine Kultur-, Werte- und auch Sexualkultur durchaus aus französischen und manchmal auch italienischen Filmen erhalten. Hat dann aber mehr mit Erotik als mit Sex zu tun. Zum Beispiel ist die vierstündige Langfassung der "Schönen Querulantin" von Jacques Rivette bis heute für mich eine wertvolle und unerschöpfliche Fundgrube zur Deutung der intimen Beziehung zwischen Menschen.
    Geändert von Jovis (27.11.2023 um 10:57 Uhr)

  6. #6
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    Zitat Zitat von Jovis Beitrag anzeigen
    Ja, aber mit Truffaut kannst du schon trotzdem eine aufregende Zeit haben.
    Truffaut ist, was Lebensgefühl und Lebensweisheit angeht, eh unübertroffen. Ich empfehle mindestens den Kauf der Antoine-Doinel-Box, falls die noch irgendwo zu bekommen ist. Auch wenn ich die von Örtli geschilderten Handlungen jetzt auf Anhieb nicht zuordnen kann. In dem Kurzfilm, wo Antoine seine erste Freundin hat, hat die glaube ich nicht viele verschiedene Affären.

  7. #7
    Mitglied Avatar von Örtliche Bücherei
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    Niet, die Antoine-Doinel wird von meinem Händler nicht mehr vertrieben. (Es gibt bestenfalls ein Buch mit dem Namen.) Auf jeden Fall werde ich die Augen offen halten.

    Danke für den Tipp.

  8. #8
    Ex-Exphilosoph Avatar von Jovis
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    @HerrHase: Du empfiehlst die Doinel-Filme? Ich muss zugeben, dass ich vor denen bis heute Angst habe. Stattdessen zog ich Jules et Jim, Die amerikanische Nacht, Auf Liebe und Tod und natürlich Die letzte Metro vor.

    Ach ja: die tragische Wahrheit über zwei Arten von Männern, die man werden könnte, und zwischen denen man wahrscheinlich nicht wählen kann, wird gnadenlos in einem meiner Lieblingsfilme gezeigt, nämlich in "Rendez-Vous", einem sehr erotischen Film mit einer sehr frühen Juliette Binoche und einem unglaublich tollen Lambert Wilson, sowie Jean-Louis Trintignant als Vaterfigur. In diesem Film habe ich viel mehr über Sex, mich selbst und die Kunst (anhand von verschiedenen Möglichkeiten "Romeo und Julia" auf die Bühne zu bringen ) gelernt als ich je in einem einzigen Film erwartet hätte.
    Geändert von Jovis (27.11.2023 um 19:12 Uhr)

  9. #9
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    Zitat Zitat von Jovis Beitrag anzeigen
    @HerrHase: Du empfiehlst die Doinel-Filme? Ich muss zugeben, dass ich vor denen bis heute Angst habe. Stattdessen zog ich Jules et Jim, Die amerikanische Nacht, Auf Liebe und Tod und natürlich Die letzte Metro vor.

    Ach ja: die tragische Wahrheit über zwei Arten von Männern, die man werden könnte, und zwischen denen man wahrscheinlich nicht wählen kann, wird gnadenlos in einem meiner Lieblingsfilme gezeigt, nämlich in "Rendez-Vous", einem sehr erotischen Film mit einer sehr frühen Juliette Binoche und einem unglaublich tollen Lambert Wilson, sowie Jean-Louis Trintignant als Vaterfigur. In diesem Film habe ich viel mehr über Sex, mich selbst und die Kunst (anhand von verschiedenen Möglichkeiten "Romeo und Julia" auf die Bühne zu bringen ) gelernt als ich je in einem einzigen Film erwartet hätte.
    Über Rendez-Vous habe ich mal vor nun auch schon fast zehn Jahren in meinem alten Blog geschrieben.

    Die Doinel-Filme sind für mich eigentlich Truffaut in seiner reinsten Form, ich glaube, auch sehr autobiografisch. Viele seiner Literaturadaptionen finde ich hingegen ja zu gekünstelt oder etwas langweilig. Jules und Jim ist natürlich trotzdem besser als der Roman, schon alleine wegen Jeanne Moreau.

    Passend zum Thema gibt es in der arte-Mediathek gerade Eric Rohmers Vollmondnächte. Ein typischer Rohmer, in dem pausenlos über Beziehungen und Sex geredet, aber so gut wie nichts gezeigt wird (bis auf eine sehr natürlich wirkende Nacktszene gegen Ende), aber irgendwie schon toll. Ich war spätestens von dem Film überzeugt, als die Hauptfigur - eine junge kluge attraktive Frau - zu ihrem Bücherregal geht und ganz selbstverständlich den "Schwarzen Incal" raus und mit zum Bett nimmt. Dann habe ich erst gesehen, dass sie da eine ganze Comicalbensammlung hat inklusive einem Popeye-Buch in Frontpräsentation und einer Gaston-Figur. In einem deutschsprachigen Film unvorstellbar - wenn da mal ein Erwachsener eine Comicsammlung hat, ist das meist ein seltsamer Singlemann, der unter Pädophilieverdacht gerät wie in einer Folge der österreichischen Serie CopStories.

  10. #10
    Ex-Exphilosoph Avatar von Jovis
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    Zitat Zitat von HerrHase Beitrag anzeigen
    Über Rendez-Vous habe ich mal vor nun auch schon fast zehn Jahren in meinem alten Blog geschrieben.
    Wow! Echt super! Bin beeindruckt. Wie lange hast du das gemacht?

  11. #11
    Premium-Benutzer Avatar von HerrHase
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    Zitat Zitat von Jovis Beitrag anzeigen
    Wow! Echt super! Bin beeindruckt. Wie lange hast du das gemacht?
    Danke. Ich glaub, das Blog von 2009 bis es um 2013/14 rum eingeschlafen ist. Vorher hatte ich schon andere Blogs, 2005 war das erste.

  12. #12
    Ex-Exphilosoph Avatar von Jovis
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    Ich glaube, da kannte ich das Wort noch gar nicht. Das habe ich bei Californication das erste Mal gehört. Und die habe ich erst um 2013 rum das erste Mal gesehen.

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