Denn dann wird es etwas fordernder. Die auftretenden Leute haben alle eher schwer zu merkende französische Namen, außer der geheimnisvollen, anonym bleibenden Madame de ***, die vom Chevallier de Saint-Sauveur nur angeschrieben wird, aber selbst nicht auftritt.
Es gibt auch eine besondere Erzählstruktur. Ayroles hat sich von dem Briefroman "Gefährliche Liebschaften" von Pierre-Ambroise-François Choderlos de Laclos (wieder so ein Name) inspirieren lassen. Seinerzeit tauschte man sich noch rege brieflich korrespondierend aus.
Nach einem längeren Vorwort haben wir es also mit unterschiedlichen Briefeschreibern zu tun, die sich als Ich-Erzähler ihre Erlebnisse und Betrachtungen schildern und dieses wird dann als abwechselnde, 1 -2 Seiten lange Comicszenen aus Sicht des Schreibenden quasi mit etwas Voiceover aus den Briefzitaten gezeigt und ermöglicht dann auch Introspektionen der Protagonisten
Sie reden und schreiben natürlich in einer aus heutiger Sicht leicht veralteten Ausdrucksweise gespickt mit Gallizismen, die einem je nach persönlichem Background mal mehr, mal weniger geläufig sind. Postillon kennt man wohl noch, Libertär auch noch, aber z.B. Justaucorps, oder Régence, wenn man kein französisch kann?
Erläuternde Fußnoten oder gar ein Glossar am Ende sucht man leider vergeblich.
Kurzum, das erste Drittel ist etwas anstrengender zu lesen, bis man sich eingegroovt und zurecht gefunden hat, je nach persönlichem Ehrgeiz muss man dann auch mal etwas nachschlagen oder das Gebabbel und Namedropping eben hinnehmen wie technische Ausdrücke bei Sci-Fi-Storys. Aber dann liest es doch (einigermaßen) erfreulich flüsssig, kurzweilig und vergnüglich.
Das 18. Jahrhundert ist eine spannende Ära des Wandels: In Frankreich gibt es immer noch das Ancien Régime, die absolute Monarchie, mit all ihren Ungerechtigkeiten gegenüber dem einfachen Volk. Demgegenüber verbreiten sich unter der Bevölkerung die neuen revolutionären Ideen von Voltaire, Montesquieu, Diderot, d'Alembert und stellen Privilegen und Althergebrachtes zunehmend in Frage.
Tja, dann war mein Text verschwunden und ich bin gerade etwas unmotiviert, alles wieder neu zum Inhalt schreiben
(Nachtrag: empfehle, sich das im anderen Post verlinkte Interview übersetzen zu lassen ...) Der erste Band zeigt vor allem die verkommene höfische Gesellschaft, Lichtblicke zeigen sich aber bei der Entwicklung von 2 anderen Charakteren.
Ich fand den Band richtig toll, es ist aber kein Comic für jedermann, man muss schon Lust auf diesen Erzählstil, etwas Kostümdrama, Sittengemälde, die Entwicklungen des 18. Jh, raffinierte und doppelbödige Intrigenspielereien und skrupellose, intelligente Bösewichte haben im Kampf zwischen Laster und Tugend.
Zudem ist das ein Comic, der eher 2× Mal gelesen werden will, damit man alles entdeckt. Man bekommt hier schon einiges geboten. Die weiteren Entwicklungen werden sich zeigen.
Das Artwork hat mir auch gefallen, die Kolorierung hätte für meinen Geschmack aber etwas klassischer und weniger computermäßigig plastisch ausfallen dürfen.
Im 2. Band geht es dann mit unserem Chevallier in die neue Welt (Indianer, Franzosen, Engländer ...) Aber er hat sich bereits mehrere Feinde gemacht ...
PS: Im Interview heißt es:
Er ist nicht sehr mutig und er ist schwer mit Vorwürfen belastet. Er wird die Jungfrauen in Not nicht retten, sondern sie in Not bringen. Er ist ein Charakter, der völlig antithetisch ist. Das heißt, er ist ein Ritter, obwohl er überhaupt nicht ritterlich ist. Er heißt Justin, aber er ist überhaupt nicht fair ... und Justin hat einen Klang, der an einen nicht sehr empfehlenswerten Marquis der damaligen Zeit erinnern kann. Und Saint-Sauveur, nein, er rettet die Menschen nicht, im Gegenteil, er macht sie fertig. Also ist alles an seinem Namen falsch
Übersetzt mit DeepL.com (kostenlose Version)
Justine ist ein Roman des Marquis de Sade ...
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