Nach der doch ziemlich umfangreich gewordenen Besprechung zum noch umfangreicheren Conan-Omnibus muss ich mich mal ein bisschen kürzer halten, damit ich mit meinem Stapel weiterkomme.
Der Boxer – Die wahre Geschichte des Hertzko Haft
Reinhard Kleist hat seine Karriere bereits während seines Studiums mit einem grandios gestalteten Album mit Lovecraft-Adaptionen begonnen, wodurch er mir als Lovecraft-Jünger auch in meiner noch sehr kurzen Comiclesezeit schon früh ins Auge gesprungen ist. Geschichten über Sportler oder Kampfsportler scheinen ihn ebenfalls zu faszinieren, noch etwas was ich mit dem Mann gemein habe. Nachdem ich den Band vor kurzem im „diesen Monat gekauft“-Thread eingestellt hatte bekam ich direkt mehrere Rückmeldungen darüber wie toll das Buch doch sein soll, also ist der Band auf dem Lesestapel ziemlich weit nach oben gewandert und jetzt war es schon so weit.
Ich mach‘s ganz kurz: Reinhard Kleists Adaption des Romans von Alan Scott Haft, der in diesem die Lebensgeschichte seines Vaters niederschrieb ist wahrlich ein kleines Meisterwerk. Die Geschichte ist derart erschütternd, dass man es kaum glauben mag. Natürlich basiert das Werk auf den Erinnerungen und Aussagen von Haft selbst, die er aber erst viele Jahrzehnte nach den schrecklichen Erlebnissen bereit war zu erzählen. Was in der Erinnerung des Mannes bereits etwas verklärt war, oder welche schrecklichen Taten er sich selbst vielleicht in seinem Geiste geschönt hat um damit leben zu können sei mal dahingestellt. Es gab zum Beispiel von mehreren Seiten die Vermutung, dass Haft das Pärchen bei dem er sich zwischenzeitlich versteckt hielt ermordete um sicher sein zu können, dass er nicht ausgeliefert wird. Ob diese das wirklich vorhatten weiß niemand.
Solche historischen Unsicherheiten spielen im Prinzip aber wirklich keine Rolle für die Geschichte an sich, denn die unermessliche Grausamkeit die Haft und viele andere seiner Leidensgenossen erfahren mussten ist und bleibt ein Fakt. Wie der Mann es unter den widrigsten aller Umstände schaffen konnte zu überleben und auf der anderen Seite der Welt zu einer kleinen Berühmtheit zu werden ist von Kleist absolut fesselnd und glaubwürdig in Szene gesetzt. Ganz groß finde ich auch, dass Kleist dabei stets differenziert bleibt und der Überlebende Boxer keineswegs zum glorreichen Helden hochstilisiert wird. Nein, denn solche Traumata hinterlassen auf der Seele eines Menschen ihre spuren und Überleben muss nicht immer gleichbedeutend damit sein das Glück zu finden.
9-9,5/10
Lobenswert erwähnt sei noch der 16-Seitige Bonusteil, den Carlsen dem Buch spendiert hat. Neben Skizzen und Entwürfen wissen vor allem weitere Schicksale von KZ-Boxern zu fesseln und zu berühren, denn Hertzko „Harry“ Haft war leider kein Einzelfall.
BLAME! Master Edition 6
Das große Finale von Tsutomu Niheis Cyberpunk-Saga in Bombast-Optik lässt mich ehrlich gesagt etwas zwiegespalten zurück. Ja, alles war äußerst dynamisch, actionreich und sieht wirklich gigantisch gut aus. Die finale Auflösung hält so einige Überraschungen bereit, ist aber nicht so selbsterklärend wie es sich so mancher vielleicht gewünscht hätte und regt eindeutig zum Nachdenken an. Ich mag das ja, wenn man am Ende einer Lektüre geistig noch eine Weile damit beschäftigt ist. Allerdings werde ich das gute Stück sicherlich beizeiten nochmals lesen müssen, denn es ist schon so wie manche kritisieren. Die Charaktere sehen sich teilweise sehr ähnlich und so kann man, gerade am Anfang, schnell mal durcheinanderkommen. Auch ist über weite Strecken nicht klar wer einfach eine von vielen Einheiten eines bestimmten Typs ist und wer doch ein einzelner, eigenständiger Charakter.
Was mich insgesamt am meisten Stört ist, dass ich durch die beiliegenden Begleitkärtchen (eins pro Band) und die Begriffs- und Charaktererläuterungen am Ende des Bandes dreimal mehr Infos über die Welt und ihre Bewohner bekomme, als ich bei der Lektüre immerhin rund 2.000 Seiten Manga herausziehen konnte. Also entweder bin ich dafür einfach zu doof, oder in Sachen Storytelling wäre hier noch Luft nach oben gewesen. Dennoch die Welt ist faszinierend, jetzt wo ich weiß wie ich sie mir vorzustellen habe noch mehr als vorher, und die Story ist im Grunde eine große, abenteuerliche Reise mit vielen Widernissen und bestückt mit einem Füllhorn kreativer Ideen.
8/10
Diese acht würde ich insgesamt jetzt auch erstmal für die gesamte Reihe geben, auch wenn sich das bei einer Zweitsichtung ggf. noch ändern kann. Oder vielleicht auch schon nach der Lektüre der Vorgeschichte, denn NOiSE steht in Kürze auf dem Programm.
Spawn Origins Collection - Band 13
Das ist also dieser ominöse Band 13 der Spawn Origins Collection. Ominös nicht wegen der vermeintlichen Unglückszahl 13 (zumindest, wenn man ein Tempelritter ist), oder wegen des neuerlichen Zeichnerwechsels, was natürlich allemal erwähnenswert ist, auch nicht, weil mit Heft #150 ein weiterer kleiner Meilenstein geschafft wurde. Nein, es geht eher darum, dass der Band den kompletten Armageddon Arc von Autor David Hine enthält, der von den einen gefeiert und von den anderen gehasst wird. Wiederum andere, genaugenommen einer, denn der Toddster, Mister Spawn-Schöpfer himself hat den Run im Nachgang wohl irgendwann geredconned (schreibt man das so?), also quasi rückwirkend aus dem Kanon gelöscht und als nichtig erklärt. Ob McFarlane mit der Story an sich unzufrieden war, oder ob er nicht wusste, wie er nach den recht gravierenden Veränderungen, die sich im Laufe der Geschichte zutragen weiter umgehen sollte weiß vermutlich nur er selbst. Ich weiß ja nicht mal welche Hefte genau im Nachgang rausgestrichen wurden, da kann vielleicht jemand hier weiterhelfen?
Auf jeden Fall enthält der Band alle 14 Armageddon-Ausgaben, die im Original anscheinend nochmal gesplittet waren in „Thamuz 1-4“ und „Armageddon 1-10“, hier in dieser Ausgabe sind die 14 Hefte einfach mit Armageddon #1-14 betitelt, was beim Lesen meines Erachtens schon Sinn macht, denn die ganze Geschichte wirkt wie eine große Storyline aus einem Guss. Ich kann die Leute schon verstehen, die mit dem Run nicht so glücklich sind, denn da passiert schon viel abgefahrener Kram.
Alter, das ist schon echt heftig und da werden auch einige gravierende Änderungen vollzogen, die tatsächlich mal Einfluss auf die Zukunft haben. Klar, das mag nicht jedem schmecken, aber zum einen ist das Ganze ein echt höllisch wilder Ritt, der sich super liest und zum anderen wird es ehrlich gesagt auch langsam mal Zeit, dass es im Spawn-Verse mal ein wenig vorwärts geht und nicht alle paar Ausgaben quasi der Status Quo wieder hergestellt wird. Vielleicht ging dem Toddster aber genau das gegen den Strich? Ich fand das Teil auf alle Fälle ziemlich cool und bin gespannt, ab wann es die ersten Widersprüche zu dem Arc gibt und ich mich blitzdingsen muss.
Als Bonus gibt es diesmal nur eine recht kleine Cover-Galerie, aber der Band ist mit den 14 Ausgaben und ganzen 380 Seiten so schon mächtig fett geraten. Ach ja, um noch kurz auf den neuen Zeichner Philip Tan zu sprechen zu kommen. Der macht über weite Strecken echt einen tollen Job. Viele seiner Panels sehen einfach bombastisch gut, fast schon spektakulär aus und den Einsatz von Effekten hat der Mann echt drauf (OK, vielleicht übertreibt er da sogar manchmal ein bisschen), von daher alles super. Allerdings funzen so ein paar Sachen in meinen Augen bei ihm gar nicht. Hauptmakelpunkt ist für mich Wanda, die er leider richtig schlecht aussehen lässt, das passt für mich leider gar nicht, was im jetzigen Fall besonders ärgerlich ist, weil die Mom der Zwillinge natürlich aufgrund der Story massig Screentime abbekommt. Also ja, toller neuer Zeichner, aber nein, nicht so gut wie Angel Medina oder gar Greg Capullo.
7,5-8/10
So, jetzt muss ich mich aber echt mal wieder ein wenig zurückhalten mit Spawn, sonst steh ich bald an meiner großen Lücke zwischen der Origins Collection und dem Paperback #108. Aber was soll man machen, wenn man vom „bösen“ @FalcoBaa wieder so draufgehoben wird…
Das waren mal wieder ein paar äußerst abwechslungsreiche Tage! Weiter geht’s in Kürze mit Vampiren, Barbaren und – endlich mal wieder – Western!
VG, God_W.
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