Weihnachten 2000 machte Toho nahtlos weiter, und zwar mit Godzilla vs. Megaguirus. Naja, so nahtlos nun auch wieder nicht, denn das neue Godzilla-Design bleibt uns zwar erhalten, aber die Geschichte hat mit dem vorigen Film nicht sehr viel zu tun. Denn wir bekommen diesmal quasi mit einer Geschichte aus einer alternativen Realität aufgetischt ... oder zumindest einen weiteren Neuanfang der Continuity, denn gleich zu Beginn wird dem Zuschauer in einer atmosphärisch und stilistisch sehr gelungenen Geschichtsstunde klargemacht, dass bis auf den Godzilla-Angriff aus dem Jahre 1954 in Japan so ziemlich alles anders gelaufen ist, als wir es kennen. Weil Tokyo nämlich zerstört war, machte man Osaka zur Landeshauptstadt. 1966 ging dann das erste Atomkraftwerk Nippons ans Netz – das wurde aber sogleich von Godzilla wieder stillgelegt. Seitdem gibt's in Japan keine Atomkraft mehr. Nur leider reichen Wind- und Solarenergie auf Dauer nicht aus, um all die Playstations und Greifarm-Automaten zu betreiben, und so stellt man im Jahre 1996 eine brandneue Technologie vor: Auf Basis von schwerem Wasserstoff kann der Japaner nun Plasma-Strom gewinnen. Doch leider lockt auch diese Energieform Godzilla nach Osaka, und so verbietet man diese zukunftsträchtige Idee gleich wieder. Bei der Verteidigung der Stadt erweist sich übrigens eine junge Soldatin als besonders verbissen: Die gar nicht so zarte Tsujimori mit den beinahe schon Miki-haften Segelohren muss nämlich mit ansehen, wie ihr Kommandant der Echse zum Opfer fällt und schwört dem Lurch ewige Rache ...
Im Jahre 2001 angekommen, lernen wir zuerst einmal Kudo kennen, der seine bescheidene Suppenküche mit Hilfe kleiner "Zaubertricks" zum Publikumsmagneten gemacht hat – seine "Magie" ist allerdings auf den Einsatz winziger Roboter zurückzuführen, wie uns unsere alte Bekannte, Offizierin Tsujimori, enthüllt. Das war allerdings nicht der Grund für ihr Erscheinen, denn eigentlich will sie Kudo für die Godzilla-Abwehr-Division rekrutieren. Deren militärischer Flügel, den Tsujimori leitet, hört übrigens auf den schmissigen Namen G Graspers.
Anfangs ist Kudo noch skeptisch, aber als er im Labor auf seine alte Physiklehrerin trifft, ist das Eis gebrochen – und seine Begeisterung wächst sogar noch, als er vom aktuellen Anti-G-Projekt hört: Man baut gerade an einer Kanone, die (relativ) kleine schwarze Löcher verschießen kann ... Immerhin ist man clever genug, diese Waffe nach ihrer Fertigstellung von einem Satelliten im All aus einsetzen zu wollen – das garantiert ein relativ freies Schussfeld.
Beim ersten Testlauf der Superwaffe, die man später wegen ihrer Nebenwirkungen Dimension Tide nennen wird, radiert man erst einmal eine Schule aus – zum Glück sind gerade Sommerferien! Ein kleiner Junge mit Hang zum Insektensammeln beobachtet das Experiment allerdings heimlich. Obendrein bekommt er mit, dass nach der Explosion des begrenzten schwarzen Lochs seltsame Dimensionsverzerrungen auftreten. Des Nachts schwirrt außerdem noch ein ziemlich großes Insekt über sein Haus hinweg, und in Verfolgung desselben stößt der Hosenmatz auf ein kleines Ei, das in einer Pfütze auf dem Waldboden liegt. Voller Forscherdrang packt unser kleiner Mann das Ding in einen Pappkarton ... welcher bald darauf, nach dem Umzug seiner Familie nach Tokyo (Papa wurde halt versetzt), schon ziemlich aufgeweicht ist, da das Ei ständig Flüssigkeit absondert. Nun findet der Junge sein Spielzeug irgendwie gar nicht mehr so interessant, und so macht er sich daran, das glitschige Ding verstohlen der Tokyoter Kanalisation zu überantworten.
Kurze Zeit später beobachtet man in der Diesmal-nicht-Hauptstadt zwei seltsame Phänomene: Einerseits sprudelt vielerorts Wasser aus den Gullydeckeln, und andererseits fallen unschuldige Menschen ziemlich ekelhaft aussehenden, gut fünf Meter langen Insektenlarven zum Opfer, die sich obendrein nach ausreichendem Menschenfleisch-Verzehr auch noch in (immerhin nicht wesentlich größere) Libellen-artige Viecher verwandeln.
Nun kann unser Dreikäsehoch sein schlechtes Gewissen nicht mehr im Zaum halten, und er gesteht Frau Tsujimori (die er schon vom Schwarzes-Loch-Übungsschießen kennt), wie verantwortungslos er mit ominösen Eiern aus fremden Dimensionen umgegangen ist. Die Dame in Uniform zeigt sich zum Glück verständnisvoll und versohlt dem Bengel nicht den Hintern. Dazu wäre auch gar keine Zeit, denn just wurde auf Satellitenfotos – erstmals seit drei Jahren – Godzilla gesichtet! Er scheint auf hoher See eine dieser Libellen gegrillt zu haben. Frau Tsujimori und ihre Mannschaft springen in ihren Senkrechtstarter-Kampfjet namens Griffon, um ihm entgegenzueilen und womöglich noch ein paar Gewebeproben von dem verkohlten Insekt aufklauben zu können. Letzteres gelingt auch, und obendrein kann Heldin Tsujimori in einem waghalsigen Ritt auf dem Drachen sogar noch einen von Kudo konstruierten Peilsender in Godzillas Panzerung unterbringen.
Nach Erhalt der Gewebeprobe hat die Forschungsabteilung mal schnell in den Akten gewühlt und präsentiert nun Namen und Fakten: Die Insektenlarven nennt man Meganulon; die flugfähigen Libellen hingegen Meganula – beide Formen kamen schon vor rund 280 Millionen Jahren auf Erden vor, bevorzugen das Leben im Schwarm und sind offenbar durch die vom Schwarzen Loch hervorgerufenen Verzerrungen in die Gegenwart geschleudert worden ... Tokyo hat jetzt jedoch nicht nur mit dem Ungeziefer-Problem zu tun, sondern auch noch mit dem immer weiter steigenden Wasserpegel aus der Kanalisation zu kämpfen – ganze Stadtteile sind inzwischen überflutet und weitgehend evakuiert.
Unterdessen bewährt sich der Peilsender: Godzillas Kurs führt ihn genau über eine kleine, unbewohnte Insel. Das wäre doch die ideale Gelegenheit, mal ein schwarzes Loch in seinen Pelz zu brennen ... wobei zu bedenken ist, dass die Dimension Tide noch nicht vollständig kalibriert ist. Dennoch will man den Angriff wagen. Doch dummerweise wird Godzilla sofort nach Betreten der Insel von einem Schwarm Meganula attackiert, der ihm mückengleich eine gehörige Menge Energie absaugt und zu allem Überfluss auch noch die Zielanpeilung des Dimension-Tide- Satelliten unterbindet. Nur gut, dass Godzilla sich gegen die Parasiten mit seinem zur Fliegenklatsche umfunktionierten Schwanz sowie dem bewährten Feuerstrahl zur Wehr setzen kann – nun kann man auch endlich ein schwarzes Loch auf ihn abfeuern. Dummerweise verfehlt es sein Ziel um Haaresbreite, und Godzilla kann sich den Staub aus den Schuppen bürsten und weiterwandern. Sein neues Ziel scheint Tokyo zu sein, denn er wittert dort offenbar wieder eine Energiequelle ...
Die verbliebenen Meganula fliegen übrigens ebenfalls in diese Richtung, haben jedoch andere Pläne: Im überfluteten Teil der Stadt verbirgt sich nämlich die Quasi-Königin des Schwarms (Megaguirus genannt – und äußerlich der guten, alten Battra nicht unähnlich), und die wird nun mit der von Godzilla abgezapften Energie gefüttert. Schließlich erhebt sie sich aus ihrem feuchten Versteck, um den verblüfften Menschen ihre Spezialattacke zu demonstrieren: Sie kann durch Flügelschwingungen einen extrem unangenehmen Ultraschall-Ton erzeugen, der sogar Häuser zum Einsturz bringt..
Godzilla ist inzwischen auch in der Stadt angekommen, und so steht einem Showdown eigentlich nichts mehr im Wege ... nur leider können die Menschen nicht so recht mitmischen, denn dem Black-Hole-Satelliten geht der Sprit aus (!), und er beginnt, abzustürzen (!!!) ...
Aber egal, immerhin ist Tsujimori mit der Griffon vor Ort und kann den sich anbahnenden Monsterkampf aus nächster Nähe bestaunen. Denn zu Staunen gibt's da so einiges: Megaguirus ist wieselflink und weicht Godzillas Flammenstrahl regelmäßig aus, kann aber ihrerseits einige entscheidende Rammstöße landen sowie ihr gefürchtetes Hochfrequenz-Fiepsen einsetzten. Schließlich rammt sie ihm sogar noch ihren Stachel in den Bauch und pumpt ihm so viel Energie ab, dass er nicht einmal mehr Feuer husten kann. Und so sieht es denn gar nicht so gut aus für den Lokalmatadoren ... bis Megaguirus es mit ihrer Respektlosigkeit etwas zu weit treibt und ein Gebäudeteil auf den am Boden liegenden Saurier stürzen lässt. Godzilla ist nun ernsthaft ein wenig verstimmt und zahlt es der Riesenlibelle heim, indem er ihr zuerst eine Klaue abtrennt und schließlich sogar noch den Stachel zerbeisst. Nun steht einem fröhlichen Grillfest nichts mehr im Wege, und nachdem die Reste des transdimensionalen Ungeziefers vor sich hin schmurgeln, kann Godzilla sich wieder seinem eigentlichen Ziel widmen und das Forschungsministerium plätten.
Kudo hat es in der Zentrale in der Zwischenzeit geschafft, den gen Erde trudelnden Satelliten doch noch schussbereit zu machen, und unter Einsatz von Tsujimoris Leben, die das fehlende Zielsystem ersetzt, gelingt es, ein weiteres schwarzes Loch auf Godzilla abzufeuern. Der kann zwar der heranrasenden Singularität noch einen Feuerstrahl entgegensenden, doch als sich nach der Explosion der Rauch lichtet, ist er spurlos verschwunden ...
Zu guter letzt wird dem Forschungsminister noch ein wenig die Hölle heiß gemacht, weil er unerlaubterweise weiterhin an der Plasma-Energie geforscht hat, und zwischen Tsujimori und Kudo bahnt sich ein leichter Flirt an. Aber ist Godzilla wirklich tot ... ?
Dadurch, dass Godzilla vs. Megaguirus in einer Alternativ-Realität angesiedelt ist, kann ich ihm so einiges an vergeigter Logik (u.a die schwarzen Löcher und der Satellit mit dem leeren Tank ...) verzeihen, denn in sich selbst ist der Film durchaus einigermaßen stimmig. Dazu tragen sicher auch erneut die Charaktere bei, die wie schon im Vorgänger-Film sympathisch 'rüberkommen und von den Schauspielern ganz ordentlich verkörpert werden.
Vor allem aber hat man den Monstern nach dem sehr schwachen Finalkampf aus Godzilla 2000 mal wieder die Möglichkeit gegeben, sich ausgiebig miteinander zu beschäftigen. Dabei kommen sogar wieder einige der früher so gefürchteten Slapstick-Einlagen zum Einsatz: Wenn ein windelweich geprügelter Godzilla sich wieder aufrappelt und erst einmal benommen das Haupt schüttelt, denke ich sofort wieder an Szenen wie seine verblüffte Begegnung mit dem "Godzilla-Tower" in Frankensteins Höllenbrut, der gemeinhin als einer der albernsten unter den klassischen Godzilla-Filmen gilt ... und auch in Godzilla vs. Megaguirus darf unser behäbiger Saurier einen gewaltigen Sprung ausführen, den man jemandem aus seiner Gewichtsklasse nicht unbedingt zugetraut hätte. Naja, immerhin ist's kein Flying Dropkick geworden ... Und wie schon angedeutet: Irgendwie passen sogar diese kleinen Albernheiten in diesen Film, der sich selbst nicht so bierernst nimmt.
Ein wenig Kritik muss dennoch sein: Die Tricktechnik gefällt mir nicht ganz so gut wie im Film davor. Zwar gibt's einige sehr interessante Perspektiven, wie z.B.eindrucksvolle Luftaufnahmen der Stadt – mit einem tobenden Saurier mittendrin. Allzu oft kommen die schönen Modellbauten, wie es sie noch in Godzilla 2000 gab, aber leider nicht mehr zum Einsatz; das ist wohl inzwischen zu teuer geworden im Vergleich zum Computer, den man hier leider viel zu oft (und immer noch nicht in vollständig zufriedenstellender Qualität) einsetzt. Außerdem wird während des finalen Kampfs ab und an eine seltsam ruckelnde Zeitlupen-Kamera eingesetzt und hin und wieder sogar mit Zeitraffer gearbeitet ... ich habe das Gefühl, dass man damit einen ganz bestimmten visuellen Effekt erreichen wollte, nur leider ist das völlig in die Hose gegangen. Und die Musik (diesmal von Michiru Oushima) kommt leider auch nicht an die Präsenz des Godzilla 2000-Soundtracks heran.
Aber ich frage: Na und? Der Film macht (mir zumindest) viel Spaß – mehr jedenfalls als der Vorgänger. Mit Godzilla vs. Megaguirus haben die Toho-Studios nach langer Zeit mal wieder bewiesen, dass sie immer noch kaiju eiga produzieren können, die einfach nur simple Freude an überzogener Verwüstung zelebrieren. Da passen schwarze Löcher doch hervorragend ins Bild …
Kürzlich ist auch die DVD zum dritten Film der neuesten Godzilla-Reihe erschienen (in Hongkong natürlich, nicht im Westen …), und es gibt ein Wiedersehen mit alten Bekannten, denn der Film heißt: Godzilla Mothra King Ghidorah – Giant Monster All Out Attack, kurz GMK. Mehr dazu kann ich erst Weihnachten sagen, denn vorher bekomme ich den Film nicht zu sehen. Aber freut euch schon einmal auf den entsprechenden Beitrag …
Und was passiert danach? Nun, für den Dezember 2002 ist in Japan der Kinostart von Gojira X Mekagojira angekündigt …
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