Zitat von
ali@thowi
FRÖSI
Nein, ich mag sie nicht! Es ist ja nicht so, dass ich sie zu meinen Pionierzeiten nicht gemocht hätte, ich habe sie VERSCHLUNGEN damals! Auch die Gerüchte über fremdartige Ingredienzien ignorierte ich stets erfolgreich. Außerdem war sie ein veritables Tauschmittel bei Ferienlageraufenthalten in der VR Polen! DIE SCHLAGERSÜSSTAFEL. In der heutigen Zeit kann ich sie nicht gebrauchen, und das, wo ich mir doch gern ab und an einen Hang zur viel gescholtenen „Ostalgie“ nachsagen lasse. HA! So ein Ewiggestriger, immer einen „Es war doch nicht alles schlecht!“- Spruch- Bringer? Nicht ganz. Aufreger der letzten Zeit waren die verhältnismäßig oft in diversen Fernsehsendungen gezeigten Werbungen für die neue FRÖSI. Hei, da liefen fröhliche Jungpioniere aus den Sechzigern über den Bildschirm, „Fröhlich sein und singen, stolz das blaue Halstuch tragen“ schmetterte es aus den Lautsprechern und Chef- FRÖSI- Relauncher Andreas Strozyk beeilte sich, zu versichern, dass es da eine VÖLLIG NEUE FRÖSI geben würde, ein Gegengewicht zu der KnatterYU-GI-OH- Lektüre, alte Traditionen bewahrend und doch dynamisch wie ein Praktikant bei der Deutschen Bank.
Und da erinnerte ich mich dann doch an die Litanei vom Nichtallesschlechtgewesenen. An FRÖSI- Adventskalender, an Atomino und den Kapitän vom Tenkesberg in Comicversion. Also hinfort mit den Bildern von fahnenschwenkenden Pionieren und eine Chance für die Anti- Pisa- Dynamik!
So betrat ich am Freitag, 29.April 2005 den Supermarkt meiner Wahl um so etwas wie einem persönlichen AHA- Erlebnis der typisch ostdeutschen Natur habhaft zu werden.
Im Nachhinein hätte ich es wissen müssen: WAS erwartete ich eigentlich? Plötzlich wieder 12 Jahre alt zu sein? Ein neues Sammelblatt für meinen Hefter mit dem „Bild- des- Monats“- Bildern? Die neue FRÖSI als Adventskalendertürchen mit einer sich dahinter versteckenden Seligkeit von Kindertagen? Keine Ahnung.
FRÖSI liegt laut Verlagsaussage „nur im Osten Deutschlands“ an den Kiosken (Was wundert, sind die 4 Schweizer Franken auf der Titelseite...) und so steht die Frage nach der ZIELGRUPPE. Das werden vermutlich dann doch Leute im „gesetzten Alter“ sein. Nur scheint mir auch da ein Zeitinkontinuum aufgetreten zu sein. Mit meinen 47 Lenzen und als zeugungsmäßig spät angetretener Vater müsste ich meinem 16jährigen Sohn das Heft unter den Maibaum legen. Tolle Sache, was würde DER staunen.
Nehmen wir das Heft Nr.1 einmal etwas näher unter die Lupe. Ja doch, das Titelbild, gestaltet vom „alten Kämpen“ Jürgen Günther sieht gut aus, keine Diskussion ebenso um „Otto und Alwin“. Sicher nützlich für Deutschlehrer auch die Schiller- Comicadaption vom „Handschuh“. Der Rest entspricht meiner Meinung nun einmal nicht dem, was der durchschnitliche ohne Abzeichen für Gutes Wissen versehene bundesgebildete Fünfbneueländerjugendliche sich ansehen wird. Der Ansatz ist löblich, Kinder mit Wissen um gesunde Ernährung, Haifische oder Albert Einstein zu versorgen. Aber so lange Mc Donald`s- Filialen SUPER Sparmenüs feil bieten, solange „Der weiße Hai“ mittlerweile schon wieder uncool ist und Albert Einstein auch nicht unbedingt ein Thema im Big Brother- Dorf darstellt, wird FRÖSI rein wirtschaftlich scheitern. Das ist KEIN Umstand, über den ich mich freue, im Gegenteil, aber wir sind alle angekommen in der „schönen neuen Welt“ und in Bezug auf die Wirkung auf Kinder sehe ich schwarz(rotgold OHNE Ährenkranz).
Nun gut, mag sein, aber vielleicht gibt es da noch mehr Leute wie mich, so ältere eben, nichtallesschlecht und so, DIE werden es schon kaufen.
JA, das geht an mich, das geht an viele meiner Freunde, und ich kann nicht für alle sprechen, aber in eigener Sache urteilen. NEIN, das ist nicht meine alte FRÖSI, denn „Das Magazin für Kinder und solche, die es werden wollen“ hat bei dem in mir steckenden Kind eher die Erinnerungen geweckt, die ich machte, als plötzlich Modern Talking als Mittelposter in der „alten“ FRÖSI blendaxstrahlend daherschwuchtelte. Und DAS ist beileibe keine gute Erfahrung gewesen mit meinem alten Heft der Adventskalender und des Kapitäns vom Tenkesberg.
Als Mann der reiferen Jahre mag ich Comics wie „Oma Kasunke“ oder grellbunte Bildchen über Schulvisionen (auch vor dem Hintergrund massiven Abbaus des Bildungssystems) einfach nicht.
NATÜRLICH kann man weder den Kapitän noch die Sekundärrohstoffsammlungen mit EMMY wiederbeleben, denn die Zeit macht nur vor dem Teufel halt, das wusste bereits Barry Ryan zu Zeiten des Atomino und der Smeraldina zu singen.
Das ist das Problem. FRÖSI funktioniert nicht, so sehr ich es bei allem mir gebotenen Ostpatriotismus den Machern wünschen würde.
Der Zufall wollte es, dass ich just am Tage des Erscheinens der neuen FRÖSI den Film „Max und Moritz reloaded“ im Kino erleben durfte. Der weist einen wesentlich unverkrampfteren Umgang mit der Vergangenheit auf und könnte auch irgendwie der FRÖSI zeigen, wie es gehen könnte. Doch DIES führt an dieser Stelle zu weit.
Wie erwähnt: Nein, ich mag sie nicht, die Schlagersüßtafel.
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