Welche Comics habt ihr heute gelesen? - Der große Review-Thread

[Jovis]

Ich jedenfalls bin kein Mann zum Heiraten, nie gewesen und mir geht's gut. Hab kein Haus, kein Auto und wenn ich raus geh, hab ich im Sommer nur meine Jacke über der Schulter. Das hab ich schon gut geregelt.

[albert-enzian]

Und das ist auch gut so! Wenn alle so wären wie ich, dann wäre ich bestimmt anders.

Wenn ich so meine ganzen Comicsammlerfreunde ansehe, bin ich anscheinend eh ein Novum. Trotz meiner Obsession bin ich seit über 40 Jahren immer noch mit der gleichen Frau zusammen.

Und ich bin auch kein "Kreuzzügler" für die "Heiligkeit" der Ehe. Habe schon lange vor der Heirat die Inquisition der Kirche verlassen.
Wollte nur klarstellen, dass die Ehe halt nur ein "Vertrag" zwischen zwei Menschen ist, der ganz klar viele Vorteile bietet. Und nix mit 18th Century zu tun hat.

Und nun zurück zum Thema.

[BobCramer]

da fiel mir glatt auf - und das passt ja gerade gut zusammen - dass hier kein Wort darüber verloren wird, was Julie denn eigentlich macht. Zur Schule geht die wohl nicht und auch sonst wird da nix erwähnt. Womöglich impliziert Graton, dass die auf den Prinzen wartet? Nur, dass in dem staubigen Nest in dem sie wohnt nur Rowdies, Chauvinisten und andere Idioten wohnen. Am Besten vertiefen wir das Thema nicht allzu sehr. Das Ganze hat nämlich einen nicht unerheblichen Vorteil: es hebt die Serie ganz klar ab von dem Kapitalismus-getränkten, Landsitz-geprägten, familien-orientierten Vaillant-savoir vivre.

Julie sollte doch zusammen mit Indy die superduper Ford-Traktor-Werkstatt inklusive Tanke vom alten Chris in Acton übernehmen, der wohl kurz vor der Rente stand. Vermutlich hatte sie gerade die Schule abgeschlossen und wartete nun darauf, dasss sie endlich volljährig wird, um ein erfülltes Leben als Geschäftsführerin und Chefschrauberin der Traktor-Werkstatt beginnen zu können. Eigentlich sollte JW seit mindestens 40 Jahren mit einem Trump wählenden, Bier saufenden, fettwampigen Red Neck-Macho verheiratet sein und acht Enkel haben, als aufgequollene Säuferin mit 200 Pfund Lebendgewicht. Ich halte es für angebracht, dass endlich der JW-Reboot kommt, mit dem ihre aktuelle Lebenssituation ausführlich geschildert wird!!!

[dino1]

Manara Werkausgabe 2, Ein indianischer Sommer, Pratt, Manara, Panini

Die Familie Lewis lebt geächtet außerhalb der Puritanersiedlung New Canaan. Eines Tages wird ein Sohn der Familie Zeuge einer Vergewaltigung der Nichte des Reverends eben jener Siedlung. Aus Wut, Rache und Liebe tötet er beide Indianer. Ein blutiger Auftakt zu einem Krieg der nur im Hintergrund der dramatischen Familiengeschichte der Lewis spielt.

Pratt und Manara. Zwei Große, kann das gutgehen?

Jein, möchte ich sagen. Einerseits bietet Pratt eine durchaus passable Story mit Kritik durchsetzt, Manara setzt es wunderbar in Szene, wenn, ja wenn nicht sein Drang so stark wäre wirklich selbst eine Vergewaltigung so zeichnen zu müssen als ob die Mädchen insgeheim nicht doch Lust dran hätten. Das geschieht gleich zu Anfang, zieht sich durch die Rückblende und auch wenn der widerliche Pfarrer seine Nichte im Badezuber missbraucht steht ihr förmlich die Lust ins Gesicht geschrieben. Dazu sehen alle attraktiven Mädchen immer gleich aus und suggerieren durch ihre gezeichnet Art eine gewisse Dauergeilheit. Zumindest bei der Mutter gelingt ihm aber eine gekonnte Darstellung.

Ich bin nicht prüde oder gegen Porno etc., aber die Seriösität der Geschichte leidet eben darunter. So bekommt die Pratt intendierte Botschaft in Teilen wenig bis gar nicht rüber.

Schade, denn Manara kann ja auch herrlich zeichnen, nur macht ihm seine eigene Geilheit eben immer einen Strich durch die Rechnung. Naja, ihm vielleicht nicht, mir in dem Fall schon.

Empfehlen muss ich den Band trotzdem, alleine wegen der tollen Zeichnungen und einer anderen Art Western.

[Mervyn]

Sehr schön beschrieben, dino1!

Ich habe den "Sommer" auch immer zwiespältig gesehen und du bringst mein Unbehagen genau auf den Punkt.

[Jovis]

Das finde ich auch, Dino, obwohl ich ein erklärter Fan des Bandes bin! Die von dir angesprochenen Punkte sind genau die Dinge, die Erotik immer mit einem Bein in der Sexismus-Schublade landen lassen und meistens verträgt sich Erotik nur schlecht mit anspruchsvolleren Themen. Das Problem finden wir bei Manara ja öfter. Man muss dazu sagen, dass Kunst sich in den 70ern und 80ern stärker als heute immer als subversiv verstand und dieser verschmitzte Ansatz entschuldigt nicht das von dir angemahnte Problem, aber es muss es - wenn - dann trotzdem mitlesen. In dem ständig wild wichsenden Sohn der Ausgestossenen findet sich genau dieser subversive Ansatz wieder und das ist auf der anderen Seite auch derselbe Ansatz, der Pornofilme wie "The Opening of Misty Beethoven" so verdientermaßen legendär werden ließ.

Es ist aber klar - und ich will das nicht entschuldigen und ich gebe dir völlig Recht und finde auch toll, wie du das formuliert hast! Super! - dass man an den 'Sommer' besser mit subversiver und sexualisierter Lust herangehen sollte. Manara verträgt sich eher nicht mit Dostojewski, aber auch wenn Dostojewski vielleicht die Nase rümpfen würde . weiß ich gar nicht - so würde sich Manara doch unerschrocken am Tresen neben ihn setzen. Und das ist der Geist, mit dem man es lesen muss. Es ist der anarchische Geist der künstlerischen Freiheit, der moralisch gerade heute nicht mehr vertretbar ist.

[dino1]

Danke, @Mervyn und @Jovis.

Kein Review heute, weil ich schon mal den Band Bärenkönig von Popcom vorgestellt habe, aber gerade wieder vorgeholt und möchte euch allen diesen wunderbaren Comic nochmal ans Herz legen.
Gibt es günstig beim großen A, gute 6€ für einen beeindruckenden Debütcomic kann man mal ausgeben.

Einzig das Lettering sticht sehr unschön raus, aber da kann ich drüberwegsehen.

[dino1]

Punisher War Zone, The Resurrection of Ma Gnucci, Ennis, Dillon, Marvel

Frank Castle traut seinen Augen und Ohren nicht, nach Jahren taucht plötzlich die totgeglaubte Mafiapatin Ma Gnucci wieder auf. Kann das wirklich sein?

Ennis und Dillon schließen an ihr Punisher Meisterwerk ‚Welcome Back Frank‘ an, leider weit entfernt von der ursprünglichen Frische die sie beim ersten Mal mitbrachten. Ich glaube fast das ist das erste Mal, dass mich das Dreamteam eher genervt als amüsiert zurücklässt.
Ennis hat als Autor das Handikap, dass man schon im voraus weiß was in seinen Stories passieren wird. Von daher ist es enorm schwierig jedesmal neue Wege eigentlich ausgetretener Pfade zu betreten. In den allermeisten Fällen schafft er es aber irgendwie doch mich zu unterhalten. In dieser Miniserie gelingt es nicht, zu vorhersagbar und irgendwie seltsam lustlos gestaltet sich der Plot.

Dillon ist Dillon. Warum genau ich ihn so abfeiern kann fällt mir schwer zu sagen. Die Figuren sind immer gleich, dazu seltsam steif, aber gleichzeitig auch dann wieder nicht. Ein Mysterium. Viel zu früh von uns gegangen.

Fazit, für mich eine unnötige Fortsetzung die etwas blutleer rüberkommt.

[Jovis]

Fazit, für mich eine unnötige Fortsetzung die etwas blutleer rüberkommt.

Wow, du bist sehr anspruchsvoll neuerdings. Oder warst du das immer schon, und ich merk's jetzt erst? Aber du bist da auch sehr analytisch und das finde ich super. Ich glaube, die Story war nach meiner Zeit. Ich bin ja vor 10 Jahren weg vom US-Programm. Aber der Kurs von Ennis zeichnete sich ja schon länger ab. Ich glaube, als Welcome back, Frank kam, war 'man' schon skeptisch geworden, aber das war trotzdem noch ein echt toller Run. Ich hab ihn geliebt.

EDIT: Und so sehr sie auch den ersten Punisher-Film mit Travoltata nur sehr rückgratlos an den ersten Ennis-Run angelehnt hatten, so geil fand ich ihn doch. Sie haben den halt in der Mitte teilweise eingebaut und das war ja doch auch ziemlich witzig und auch absurd und passte nicht so richtig zum Rest, aber trotzdem halte ich den Film dafür in Ehren. Im Extended Cut jedenfalls.