Rom - Zwei Jahre nach Erscheinen des Buches hat der Vatikan zum Boykott des Bestsellers "Sakrileg" ("The Da Vinci Code") aufgerufen. "Lesen Sie es nicht, und vor allem kaufen Sie nicht 'Sakrileg'", sagte Kardinal Tarcisio Bertone, der als möglicher Nachfolger von Papst Johannes Paul II. gehandelt wird, am Dienstag im Radio des Vatikan . Der Roman sei "schändlich und unbegründet" und ein reines "Lügengebäude". "Dieses Buch ist überall. Es besteht das echte Risiko, dass viele Leute, die es lesen, die Fabeln für wahr halten, die darin verbreitet werden", begründete der Kardinal in einem Interview der Zeitung "Il Giornale" die Kampagne. Besonders bedauerlich sei, dass auch katholische Buchhandlungen den Roman "aus Profitgründen" ins Programm genommen hätten.
Der Aufruf kommt allerdings etwas spät: Der Thriller des US-Bestsellerautors Dan Brown ging seit seinem Erscheinen im März 2003 weltweit bereits 25 Millionen Mal über den Ladentisch. Das Buch dreht sich um die These, dass Jesus kein Erlöser sei, sondern nur ein sterblicher Prophet, der mit Maria Magdalena einen gemeinsamen Sohn hatte. Rezensenten hatten bereits spekuliert, dass sich Katholiken bei der Lektüre vor den Kopf gestoßen fühlen könnten. Brown selbst betont auf seiner Website, er habe einen Roman geschrieben und damit ein fiktionales Werk. Eine Filmversion von "Sakrileg" soll im kommenden Jahr mit Tom Hanks und Audrey Tatou in die Kinos kommen.
Verlag: "Leser nicht für dumm halten"
Der Verlag des Weltbestsellers hat gelassen auf den Aufruf des Vatikans zum Boykott des Buches reagiert. Die von Kardinal Tarcisio Bertone erhobenen Vorwürfe gegen das Werk seien "hanebüchen", sagte der zuständige Lektor der Verlagsgruppe Lübbe in Bergisch Gladbach, Marco Schneiders. Das Buch sei eindeutig als Roman gekennzeichnet, betonte Schneiders. "Man darf die Leser nicht für dumm halten."
Er glaube nicht, dass der Boykottaufruf der katholischen Kirche den Verkaufserfolg des Thrillers schmälern werde. Vermutlich werde dadurch sogar eher das Gegenteil erreicht: "In den meisten Fällen sorgen Kontroversen für ein erhöhtes Interesse". Verwundert zeigte sich der Lübbe-Lektor auch darüber, dass der Vatikan sich erst fast zwei Jahre nach dem Erscheinen des Buches und dem Verkauf von weltweit etwa 25 Millionen Exemplaren dazu äußert: "Aber die Mühlen dort mahlen langsam". (sa/AFP)
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