Da war dieses Schlüsselereignis, das mich
rausgerissen hatte bei Orkanstärke, als einer
Mutter das Baby aus dem umgestürzten
Kinderwagen fiel und von einer mächtigen
Windhose durch die Luft geschleudert,
davongetragen wurde. Ich konnte den über die
Straße trudelnden Schnuller gerade noch stoppen
und gab ihn der verzweifelten Mutter. Dabei
merkte ich, wie gut es mir dabei ging, obwohl ich
ein sehr empathischer Typ war, oder gerade
deswegen. Ich grinste die Frau ins Gesicht und sie
warf mir den Schnuller in meins. Es machte mir
nichts aus. Endlich war da ein Mensch, dem es total
beschissen ging, genau wie mir. Ich fühlte mich
immer schon permanent beschissen. Und nun war
ich glücklich: War ich doch nicht mehr der einzige
Unglückliche. Gestern zum Beispiel. Ich schaute mir
die Fotos auf Facebook an von meinem ehemaligen
Schulfreund mit seiner superblondierten Flamme,
wie sie zufrieden lächelnd am Strand von Malle sich
tummelten.
Jetzt durch das traurige Ereignis mit dem davon
geflogenen Kind, erkenne ich meine Ambivalenz,
das Paradoxon von Freude und gleichzeitiger Nicht-
Freude. Die Fotos aus Malle können mich nicht
mehr beeindrucken. Ich fühle, sie waren gestellt.
Denn in Wahrheit muss es doch beschissen sein auf
Malle. Es fängt doch schon mit der stressigen
Flugabfertigung an, dann die ständige Gefahr von
Parasiten in den Hotelzimmern und nun auch noch
die verdreckten Strände. Ich weiß, meinem
ehemaligen Schulfreund ging es beschissen mit
seiner Superblondierten. Und ich empfand es als
glücklich unglücklich, war ich doch nicht mehr allein
in meinem Unglück.