Ein echter Schrade geht, doch Knobbi bleibt.

Heute Nacht verstarb mein Freund Horst Schrade in Berlin. Was bleibt
sind seine Zeichnungen und die Erinnerungen der Menschen daran.
Leider konnte er durch seine Krankheit die nächste Ausstellung nicht mehr erleben die wir in wenigen Tagen in seinem Pflegeheim zeigen wollten.
Immer neue Zeichnungen sind dazu entstanden und er wartete förmlich auf diesen Tag…..

Von Künstlern erwartet die Welt, dass sie einen Namen haben. Horst Schrade hat einen, nur, den kennen nicht alle - trotz erfüllter, produktiver fast 90 Jahre.
Eingeschlichen in sein Leben hat sich noch ein zweiter Name. Freunde und Bekannte, Liebhaber seines Metiers, Bewunderer seiner Zeichenkunst – und das sind viele – nennen ihn liebevoll Knobbi.

Dieser bodenständige Stadtmensch, Jahrgang 1924, kommt aus dem urmärkischen Dallgow bei Döberitz. Knobbi war 15 Jahre als der Hitlerkrieg begann. Zeit oder Geld für Kunst waren knapp.

1942 hatte sich der junge Mann freiwillig zur Kriegsmarine gemeldet und als Matrose die Meere befahren. Später blieben ihm Minentreffer, Zerstörung, verletzte und tote Kameraden nicht erspart. Schließlich hatte er genug von alledem und nahm von Saßnitz aus auf einem Eisbrecher Kurs auf Kopenhagen – Hitlerdeutschland ade.
Nach dem Krieg wurde er Neulehrer im Land Brandenburg lernte Irene, die Frau seines Lebens kennen. Bis 1949 erteilte er in Brück vor allem Zeichenunterricht. Schnell fiel sein Talent den richtigen Leuten auf.
Horst Schrade wollte nie ein Rubens oder Rembrandt, ein Sitte oder Tübke werden. Aber seine Handschrift wollte er entwickeln, eine eigene Ausdrucksweise finden. Das hieß für Knobbi, nicht normierte oder typisierte Figuren zu schaffen, sondern Typen zu kreieren, die originell und überraschend sind.
Der diplomierte Pressezeichner machte als Karikaturist Karriere. Sein scharfer politischer Verstand war gefragt und seine Art, die Dinge mit Humor zu sehen. Der „Frische Wind“, satirischer Vorgänger vom „Eulenspiegel“, druckte seine Zeichnungen mit wachsender Begeisterung. Bis 1989 war er in der Eule mit 2925 Arbeiten vertreten, darunter 13 Titelseiten, etliche Bildgeschichten und Collagen sowie Portraits und Humorzeichnungen.
In der Berliner Zeitung, und in allen anderen Tageszeitungen der ehemaligen DDR, nahm er Missstände aufs Korn, zeichnete für die Kinderzeitschrift „FRÖSI“ sowie für das Kabarett die „Distel“ viele Programmhefte und auch Buchillustrationen gehörten zu seinem Künstleralltag.

So wird Mann fast 90, hat Sohn und Tochter großgezogen, Enkel bekommen und eine Frau an seiner Seite, die zum Glück nie eifersüchtig war auf den umtriebigen Beruf ihres Partners.

Viele seiner politischen Karikaturen entstanden auch auf dem Sofa,
nach einer Nachricht im Fernsehen und die humorvolle Zeichnung entstand kürzlich sogar im Bett im Krankenhaus.

Wer heute das Beste an Knobbis in die Tausende gehenden Zeichenblättern lobt, kommt früher oder später bei treffsicher und volkstümlich an. Die Wurzeln für sein Werk liegen bestimmt auch in diesem Dallgower Elternhaus, das den Jungen, der schon mit drei und älter unaufhörlich krakelte, tuschte, malte sowie zeichnete, einfach gewähren ließ. Fragen sie unseren Künstler heute, welchen anderen Beruf er sich hätte vorstellen können, kommt gelassen – keinen. „Für mich ist das ein idealer Beruf. Ich kann meine Phantasie spielen lassen und sie in Bilder umsetzen.“
Manche nennen das Leidenschaft, andere Berufung oder Besessen sein.



Ahoi Knobbi, alter Seebär…
Thomas Möller
www.comicmuseum-neubrandenburg.de
0172-5954226

http://www.youtube.com/watch?v=EIHvLk6AOFM

http://www.youtube.com/watch?v=SbiCxGHunc0