Nach dem Thread zur Zukunft der Zack-Edition scheint es klar zu sein, dass die zweite Staffel von Empire USA wohl nicht mehr übersetzt wird – sie umfasst 6 Alben; in der Albenausgabe soll sie nicht mehr in der Zack-Edition erscheinen; diese Alben aber nach und nach in Zack zu bringen, dürfte sich nicht anbieten, denn die Geschichte ist rasant erzählt und muss am Stück gelesen werden. Nicht zuletzt deshalb ist sie in Frankreich 2011 ja auch innerhalb von zwei oder drei Monaten erschienen. Ich habe die zweite Staffel auf Französisch gelesen und will für Interessierte wenigstens einen Blick darauf ermöglichen, was sich dort abspielt. Das geht nicht ohne Spoiler, aber es mag den einen oder anderen dennoch soweit informieren, dass man diese Staffel entweder nicht mehr vermisst oder, wenn man Französisch kann, doch noch fremdsprachlich liest. Um das noch zu ermöglichen, werde ich nicht alles erklären. Für diejenigen, die die zweite Staffel nicht mehr lesen wollen, werde ich aber ganz am Ende dieses Textes die Auflösung kurz benennen.

Worum geht es? Die zweite Staffel setzt damit ein, dass Duane umgebracht wird, als er gerade in London etwas entdeckt. Nun kommt ein erster Spoiler: Zwei rivalisierende russische Gruppierungen, deren eine aus dem KGB hervorgegangen ist, und deren andere ebenfalls aus teilweise altkommunistischen Personen besteht, wollen Russland wieder auf die Beine bringen – ökonomisch, gesellschaftlich und politisch. Ihre Ziele unterscheiden sich nicht sehr voneinander, beide Gruppierungen sind zudem alles andere als sympathisch. Die eine Gruppe wird jedoch von der anderen sukzessive ausgelöscht – bis auf ein Mitglied, das als neureicher russischer Milliardär unerkannt weiterlebt. Dieser Eine entwickelt nun äußerst komplizierte Machenschaften, die Russland über Terroraktionen in ungeahnte politische Konflikte zu stürzen drohen. Alle diese Aktionen dienen jedoch nur dazu, die andere Gruppe zu entmachten und so die von dieser zuvor ausgelöschte Gruppe zu rächen. Nebenbei würde bei Gelingen des Plans der unerkannte Drahtzieher zudem ein Monopol auf diverse russische Rohstoffe und den Energiesektor erhalten. Die Erzählung lässt es etwas im Unklaren, ob dadurch dann dieser Drahtzieher auch noch Russland wieder erstarken lassen will.

Titelgemäß existieren jedoch im globalen Kontext auch noch die USA, die nach der ersten Staffel und der Entmachtung Kroves dennoch eine globale Hegemonie ausüben. Um diese zu schützen, darf keine andere Macht – auch keine anderer ehemalige Supermacht – wieder größeres Gewicht erhalten. Die amerikanische Geheimdiensttätigkeit richtet sich daher darauf, andere Staaten in globalen Verhältnis zu schwächen. Aus diesem Grund mischen die Geheimdienste der USA auch in der russischen Angelegenheit von Anfang an mit. In diese Geschehnisse gerät nun Jared, der Duanes Tod aufklären und die Verantwortlichen zur Rechenschaft ziehen will. Dabei begegnet er Scarlett wieder, die für eine der russischen Gruppierungen arbeitet. Soweit der Plot – ohne alles zu verraten.

Meine Einschätzung zur zweiten Staffel: Wer die erste gelesen hat, hat im Prinzip das Beste von Empire USA schon gehabt. Die Erzählung der ersten Staffel ist thematisch (nicht von der Plotstruktur her) weitaus reichhaltiger und vielfältiger als die zweite. Die Figurenzeichnung ist differenzierter und gibt den Figuren mehr eigene Geschichte, psychologische Tiefe und innere Entwicklung als die zweite. Auch die politische Thematik ist – nicht zuletzt, weil sie sich noch mit der realen Politik der Bush-Administration und dem War on Terrror sowie dem christlichen und islamischen Fundamentalismus kritisch auseinandersetzt – spannender als in der zweiten Staffel. Zum Thema globale Hegemonie der USA hat man in der ersten Staffel im Prinzip bereits Desbergs Position und Auseinandersetzung bereits vollständig gehabt. Hier fügt die zweite Staffel kaum noch etwas Neues hinzu; die Religionsthematik bleibt völlig ausgblendet. Die Thematik der Entwicklung Russlands in der Erzählung und insbesondere die subtilen Machenschaften der Geheimdienste und ihr Zusammenwirken mit der russischen Mafia hat Desberg außerdem ähnlich schon in Black Op behandelt – daran fühlt man sich bei der Lektüre von Empire USA 2 sehr erinnert.

Graphisch bietet die zweite Staffel auf Grund der Mitwirkung derselben Zeichner wieder eine ähnliche Mischung ais sehr guten Bänden mit ein bis zwei schwächeren (von Munier und Koller). Hervorragend ist die Arbeit von Alain Queireix – da würde man gerne mehr sehen.

Dramaturgisch ist Desberg freilich routiniert – im guten Sinn des Wortes -, so dass man auf jeden Fall einen sehr spannenden Thriller erzählt bekommt. Jedoch diesmal auch nicht mehr.

Und nun der Spoiler mit der Auflösung: Der böse russische Milliardär wird bei seinen Machenschaften am Ende entlarvt und kommt zu Tode; Russland kann sich damit auch wieder aus den politischen Zwickmühlen befreien, die diese Machenschaften verursacht haben. Desberg ist versöhnlich-realistisch: Von der russischen Regierung bleiben die führenden Persönlichkeiten im Amt, doch darf die Opposition stärker im Parlament werden.

Unter den Figuren hat Jared diesmal keine sehr starke Rolle in der Erzählung, weitaus mehr noch als in der ersten Staffel bleibt er ein Spielball der Ereignisse, die andere lenken. Es gelingt ihm jedoch, am Ende zumindest Scarlett zu retten - und diesmal gibt uns Desberg dazu ein Happy End mit den beiden Liebenden.

Dr.Tom